Wer in Uummannaq an der Nordwestküste Grönlands spielen will, kann das erstens nur einmal im Jahr und benötigt zweitens eine ca. 17-stündige Anreise.

 

Normalerweise benötige ich ca 30 – 40 Minuten für meine Fahrt von meiner Wohnung in Stuttgart zu unserem Golfplatz in Liebenstein.

Die Reise zu einem Golfplatz auf Grönland dauert etwas länger: zuerst mit normaler SAS/Lufthansa-Linienmaschine nach Kopenhagen, dann mit einer Boing 757 der Greenlandair nach Kangerlussuaq (in der Südmitte von Grönland gelegen – einziger Flugplatz in Grönland wo Großmaschinen landen und starten können); nach ca 3-5 stündigem Aufenthalt (je nach Wetter und ad hoc Flugplan) dann weiter nördlich über den Polarkreis über Ilulusiat und über atemberaubende Eislandschaften nach Qaersut mit einer Propellermaschine vom Typ DHC-7. Dort wartet ein Vietnam-erprobter Bell 212-Hubschrauber für die letzte halbe Flugstunde zu einer der „Großstädte“ Grönlands: Uummannaq, 590 Kilometer jenseits des Polarkreises auf einer kleinen Insel gelegen, eine Gemeinde dreimal so gross wie Dänemark, mit ca 2.800 Einwohnern, wovon sage und schreibe 1.400 im Zentrum am gleichen Flecken wohnen bei ca. doppelt soviel (Schlitten-) Hunden und bisher noch kein Kiwanis-Club. Wunderbare, farbige kleine Häuser, an den Felsen geklatscht (ohne fliessend Zu- und Ab-Wasser bzw. Strom, Telefon etc.), vor einer großen unendlichen Bucht, die jetzt Ende März ein zugefrorenes Meer garniert mit kleinen und grossen Eisbergen ist; unser 9-Loch-Golfplatz.

Wie zum erstenmal 1999 kämpften in 2000 an diesem zu dieser Jahreszeit nur aus der Luft erreichbarem Flecken bei ungewöhnlichen mildenTemperaturen zwischen 10-15 Grad unter Null insgesamt 21 unentwegte (oder wie viele Unwissende meinen, verrückte) Golfer aus acht Ländern um die DRAMBUIE World Ice Golf Championship 2000 auf einem extra für dieses dreitägige Turnier angelegten 9-Loch-Eis-Golfplatz (Par 36)auf der zugefrorenen Diskobay inmitten zahlreicher kleiner und großer Eisberge auf einer Fläche von 100 mal 100 km. Die Green- bzw. hier besser Whitekeeper hatten mit erheblichem Aufwand den Platz und die Whites auf tiefgefrorenem Nordmeer präpariert. Wobei die Löcher ausschliesslich ortstypischem Knowhow zu verdanken waren: die Erfahrung im traditionell ausgeübten Eisfischen lieferte hierfür die Technik. Die Eisschicht über dem Wasser ist nur etwa 25 – 30 cm dick!

Deutschland war neben Kanada, Dänemark, England, den Niederlanden, Norwegen, Schottland und Schweden mit insgesamt drei Golfern vertreten; Michael Domberger vom Stuttgarter Golf-Club Solitude aus Mönsheim hat mit 182 Schlägen hierbei den fantastischen vierten Platz BRUTTO und ersten Platz NETTO belegt (weil ich unglücklicherweise die NETTO-Führung nach der dritten Runde durch eine katastrophale vierte und letzte Runde abgegeben habe) und führt somit in der aktuellen deutschen Eisgolf-Rangliste. Insgesamt wurde ich 13. (was für eine Glückszahl). Für meine erste Weltmeisterschaft bin ich damit hoch zufrieden. Ach ja, gewonnen wurde das Turnier von Annika Östberg aus Dänemark mit einem Gesamtscore von 154 Schlägen (10 über Par) vor Vorjahressieger Peter Masters aus England mit sieben Schlägen Rückstand. Den 2000er Platzrekord auf den Tiefkühlfairways stellte der Drittplatzierte Kai Hartmeyer aus Dänemark mit 35 Schlägen (1 unter Par) auf. Es ist ein Rekord für die Ewigkeit, weil dieser Platz im Mai spätestens wegschmelzen wird.

Das Wetter war unbeschreiblich und überraschend anders als erwartet: dank Windstille und trockener Kälte bei stets wolkenfreiem Himmel und 16 Stunden Sonne täglich konnte der Sonnenbrand im Gesicht nur mit Lichtschutzfaktor 60 und extremer Fettcreme verhindert werden. Und bei der Kleidung (wir waren für eine klassische Polarexpedition gerüstet) lernten wir schnell die überflüssige und zu warme Kleidung abzulegen.

Was ist das jetzt für ein Golfplatz? Wie muss man sich das Golfspielen vorstellen? Eigentlich wie immer: Abschlagen erfolgt vom Gummi-Tee (weder Spikes noch Tees finden Halt in den glasharten Eisstücken) in Richtung eines imaginären bzw. mit wenigen dünnen Holzstücken markierten Fairways. Da es unglücklicherweise einige Tage vor dem Turnier noch ca 10-15 cm Neuschnee einschliesslich Verwehungen gegeben hat, wurden alle Bemühungen des Organisationskommittees bzgl. geräumten Fairways kurzfristig wieder zu nichte gemacht. Rough bzw. out-of-bounds gab es daher nicht. Nach dem Abschlag begann dann das Suchen nach den gelben (offiziellen Turnier-) Bällen bzw. deren Einschlaglöchern im Schnee. Aufgrund der unbeschreiblich schönen Weissheit und Reinheit des Eises und des Schnees ein dramatisches Unterfangen. Wenn der Ball gefunden wurde, konnte er innerhalb einer Scorekarten-Breite besser gelegt werden bzw. bei Verlust des Balles musste mit einem Strafschlag gedropt werden (das heisst: kein Längenverlust). Da zahlreiche Innuits uns als Zuschauer begleiteten bzw. Mitarbeiter der örtlichen Kommune zur Sicherheit am Fairwayrand patroullierten (das Knacken und Brechen der Eisberge hat uns wie Musik begleitet), hielt sich der Ballverlust insgesamt in Grenzen (ich habe auf 45 Löcher nur 5 Bälle verloren – da hatte ich auf Liebenstein schon schlechtere Statistiken). Allerdings musste am ersten Probetag der ein oder andere von uns nach dem Verspielen der ersten drei geschenkten Grönland Eisgolf Meisterschaftsbällen mangels Munition kurzfristig das Spiel abbrechen. Dank den von einem guten Freund geschenkten und mitgebrachten neun roten Bällen war ich natürlich der König. Das eigentlich schwierige am Eisgolfen ist der zweite bzw. dritte Schlag: jeder Ball lag irgendwie mindestens 1-2 cm im Schnee auf schiefer Ebene; bestenfalls auf dicker Schneedecke und schlimmsten Falls auf einer scharfkantigen Eisplatte. Der Stand war in mehr als der Hälfte der Fälle abenteurlich schief und krumm, da die kleinen Eisbergdschungel keinen klassischen und gewohnten Stand zuliessen. Der Chip aufs Grün, sorry auf das White produzierte bei normaler Technik einen wunderschönen Sprungball: die Whites bestehen aus glattpolierter Eisplatte und geben keinem Ball der Welt auch nur einen Halt – im Gegenteil, zurückspringende Bälle waren noch die harmlosesten Balleskapaden; etwas Erleichterung zum Einlochen brachte nur die etwa 10 cm hohe Schneekante um die Whites und das ca. zweimal so grosse (Eis-) Loch.

Die Natur brachte alle, die zum erstenmal in Grönland weilten zum ständigen Schwelgen und Schwärmen und liessen alle auftretenden golferischen Unzulänglichkeiten augenblicklich vergessen: was für eine unvergleichliche, umfassende Schönheit und Reinheit! Welch grelles, klares Licht! Welch spektakuläre Sicht Richtung Unendlichkeit! Welch schmerzende Stille! Ringsum ein Weiss, das sich kein Marketingspezialist dieser Welt für eine profane Waschmittelwerbung zu benutzen trauen würde. Noch am letzten und entscheidenden Turniertag hat mancher an jedem Loch mehr Fotos gemacht als seinem Score gut tat.

Wer beim Golf nicht nur die sportliche Herausforderung sucht, sondern auch den Genuss, den Landschaft und Natur vermitteln, der sollte sich dieses unvergleichliche Erlebnis gönnen! 2001 kreieren die Platzarchitekten Eis und Meer einen neuen Champions-Course zwischen gigantischen Eisbergen.

Mehr der fantastischen Bilder finden Sie in meinem Vortrag „Grönland – Eine Welt, die Sie nie vergessen werden“

PDF-Dokument Teil 1: Seiten 1-50 (PDF-Dokument, 5,4 MB)

PDF-DokumentTeil 2: Seiten 50-100 (PDF-Dokument, 5,7 MB)

PDF-DokumentTeil 3: Seiten 100-156 (PDF-Dokument, 4,8 MB)