Am 19. März ist Joseftag  – war Josef der erste CFO?

Im alten Testament wird in der Gestalt von Josef möglicherweise der erste Finanzvorstand (= CFO)  oder Vorstandsvorsitzender (= CEO) erwähnt.

 

 

Am 19. März ist Joseftag[1] – war Josef der erste CFO?

von Rudolf X. Ruter

 

Im alten Testament (1. Buch Moses 39. Kapitel) wird in der Gestalt von Josef möglicherweise der erste CFO oder CEO[2] erwähnt.

Dort steht geschrieben, dass Josef[3] Gnade fand vor seinem „Dienstherr“ Potiphar und er „ihn zu seinem Hausverwalter machte und ihm alles übergab, was er hatte“. Seit diesem Zeitpunkt „als er ihn über sein Haus und all seinen Besitz gesetzt hatte“, kümmert sich Potiphar „um nichts, was in seinem Hause ist“. Potiphar bestellte Josef somit zum uneingeschränkten Manager seiner Vermögensangelegenheiten und „gab alles in die Hand Josefs“, um ihm „außer seinem Weib nichts vorzuenthalten“.

 

Josef musste somit „unter eigener Verantwortung“[4] die Vermögensangelegenheiten im Hause Potiphars leiten. Das Vermögen bestand mindestens aus einem „Haus und weiteren Besitz“ einschließ­lich weiteren Grundvermögens „auf dem Felde“. Josef unterstanden mehrere „Hausangestellte im Gebäude“, somit mussten klare organisatorische Strukturen bestan­den haben. Es ist wahrscheinlich, dass Potiphar von Josef erwartete, dass er eine den Ange­legenheiten seiner Vermögensbetreuung und -verwaltung entsprechende Sorgfalt eines ordentlichen Verwalters anzuwenden habe[5] und weiterhin „in allem auf Dauer Erfolg hatte, also eine nachhaltige Unternehmensführung voraussetzte.

 

Josef musste somit als vollverantwortlicher Manager in einem hierarchischen Wirtschafts­gebilde Aufgaben an Angestellte delegieren und demzufolge diese überwachen und kon­trollieren[6]. Da es ein umfangreicher Besitz war, müssen auch Aufzeichnungen, Niederschrif­ten und sonstige ‚Geschäftsunterlagen‘ vorhanden gewesen sein, die auch von Angestellten angelegt und selbständig geführt wurden. Josef hat nicht selbst in dem Haus gewohnt, sondern kam nur „in das Haus zur Arbeit“, um „seine Geschäfte zu besorgen“[7].

 

Bereits einer der ersten Bibelkommentare interpretiert die Bibel­worte „zur Arbeit“ bzw. „seine Geschäfte besorgen“ (unter anderem) als Überwachung und Prüfung der Unterlagen durch Josef. Josef musste also die operativen Geschäftsbereiche planen, messen und controllen und natürlich an Potiphar berichten. Potiphar war als „Hofbeamter des Pharao“ und als „Oberste der Leibwache“ eine einflussreiche Person mit umfang­reichen Rechten und Einfluss. Er konnte sogar Josef eigenmächtig bestrafen und „ihn ins Gefängnis an den Ort werfen“. So gesehen ist Potiphar wahrscheinlich eher in der Rolle eines CEO zu sehen als Josef.

 

Somit ist Josef der erste CFO, der urkundlich erwähnt wurde.

 

Dies muss aufgrund der bedeutenden Quellenangabe in der  Bibel unzweifelhaft sein.

 

 

 

 

 

 

[1] Der Josefstag (auch Joseftag, oder Josefitag) ist im Kirchenjahr der römisch-katholischen Kirche, das Hochfest des hl. Josef am 19. März. In Bayern wird der Tag Josefi, in der Schweiz auch Seppitag, in Österreich (selten) auch Josephinentag genannt.

[2] In Anlehnung an „Note on the First Recorded Audit in the Bible“ von Harry Zvi Davis vom Baruch College, New York, Accounting Historians Journal, Vol 8, No 1, Spring 1981

[3] Genesis, 39. Kapitel, Satz 3; vgl. „Die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments“ nach den Grundtexten übersetzt von Prof. Dr. Vinzenz Hamp, Prof. Dr. Meinhard Stenzel, Prof. Dr. Josef Kürzinger, Luzern, Kunstheis-Buchverlag 1964 – alle Folgenden Zitate siehe dort

[4] vgl. § 76 Absatz 1 AktG

[5] vgl. auch § 43 Absatz 1 GmbHG

[6] Eine „Gewaltentrennung“ im Sinne von § 319 Absatz 2 HGB wird es noch nicht gegeben haben.

[7] vgl. andere Übersetzung des Satzes 11, 39. Kapitel in „Die Heilige Schrift des Alten und des Neuen Testaments“ (Züricher Bibel, 20. Auflage 1991, Verlag der Züricher Bibel, Zürich)