Monat: Juni 2011

Nachhaltigkeitskodex – Eine einseitige Erklärung ist kein Dialog

Lesen Sie hier meinen Artikel zum Deutschen Nachhaltigkeitskodex Eine einseitige Erklärung ist kein Dialog (pdf-Version) in der Ausgabe 2.2011 der Zeitschrift Okologisches Wirtschaften auf Seite 9

Sehen Sie auch hier bzgl. des im Artikel erwähnten Deutschen CSR Forum und des Arbeitskreis Nachhaltige Unternehmensführung in der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V.

Ökologisches Wirtschaften ist die wissenschaftliche Zeitschrift zu sozial-ökologischen Wirtschaftsthemen.

Die Zeitschrift Ökologisches Wirtschaften aus dem oekom verlag setzt neue Forschungsansätze in Beziehung zu praktischen Erfahrungen aus Politik und Wirtschaft. Im Spannungsfeld von Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft stellt die Zeitschrift neue Ideen für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Wirtschaften vor.

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„Frauenquote, denn wir wollen keine 240 Jahre warten“

 

Manager und Politiker fordern parteiübergreifenden Gesetzentwurf für eine Quote in Aufsichtsräten – Starke Statements für starke Frauen

 

Berlin, 27. Mai 2011 – Diese Botschaft ist eindeutig: „Wir wollen die Quote und zwar sofort!“ Mit starken Statements für starke Frauen haben heute in Berlin Manager und Politiker beiderlei Geschlechts eine zeitnahe Einführung einer gesetzlichen Frauenquote für deutsche Auf­sichtsräte gefordert. Vor Vertreterinnen fast aller großen berufs­orientierten Frauenverbände in Deutschland sowie aus Politik, Wirt­schaft und Wissenschaft schilderten sie, warum sie „keine geschätzten 240 Jahre warten wollen, bis in deutschen Führungsetagen eine kritische, kulturverändernde Masse von 30 Prozent weiblichen Managern erreicht wird“, wie es Thomas Sattelberger, Personalvor­stand der Deutschen Telekom AG, in seinem Statement nachrechnete. Die Veranstaltung fand auf Einladung des Vereins erfolgsfaktor FRAU e.V. (efF) in der Königlich Norwegischen Botschaft statt.

„Ich will keine Vertröstung auf die Zukunft mehr. Nicht Selbst­regulierung ist das Gebot der Stunde, sondern die gesetzlich ver­ankerte, verbindliche Quote, nicht in vier Jahren, nicht in zehn, nicht irgendwann, sondern jetzt!“ brachte auch Renate Schmidt, Bundes­ministerin a.D. (SPD), auf den Punkt, was viele vor allem weibliche Fachkräfte inzwischen denken. „Ich will die Quote, weil mich die damals (2001, als es schon einmal eine freiwillige Vereinbarung der Wirtschaft gab) wie heute antiquierte Argumentation der Wirtschaft über angeb­lich fehlende qualifizierte Frauen ärgert.“

„Das Ammenmärchen von der Beförderung nach Qualität“

Rudolf X. Ruter, Leiter des Arbeitskreises Nachhaltige Unternehmens­führung der Schmalenbachgesellschaft, wurde noch deutlicher: „Das oft zitierte Argument, nur nach Qualität werde befördert, ist doch nur ein grosses von Männern zementiertes Ammenmärchen.“ Krista Sager, Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen für Wissenschafts- und Forschungspolitik, formulierte es etwas anders, aber nicht weniger klar: „Wenn die Rekrutierung von Führungskräften in Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden fast ausschließlich aus einer Geschlechtergruppe geschieht, ist dies sicher eines nicht: eine Besten-Auslese. Bei der Entscheidung darüber, wer Zugang zu den Machteliten dieses Landes erhält, geht es offenkundig um andere Kriterien.“

Und das gelte es zu ändern. Denn schließlich sei es ja bereits ein alter Hut, so Renate Schmidt, dass Diversity, also eine geschlechter-, alters- und ethnisch gemischte Belegschaft bis in die Spitze hinauf, am erfolg­reichsten ist. Sie wundere sich nur, „warum es von der Erkenntnis bis zur Umsetzung so elend lange dauert“.

Das fragte sich auch Sattelberger und kam zu dem Schluss, dass der ordnungspolitische Weg sicherlich nicht der beste sei, eine gesetzliche Quote aber die Ultima Ratio, denn, und hier zitierte er Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung: „Manchmal hilft gegen die Kraft des Faktischen nur die Kraft des Normativen.“

„Quoten wirken“

Petra Müller, Mitglied des Bundestages, sieht es ähnlich: „Der Proporz ist nicht wirklich eine urliberale Lösung“, so die FDP-Politikerin. „Aber überall da, wo Frauenquoten eingeführt wurden, haben sie funktioniert.“ Prof. Dr. Dr. Rita Süssmuth, Bundestagspräsidentin a.D. (CDU), fasste es noch knapper zusammen: „Quoten wirken! Das lässt sich seit Jahrzehnten schwarz auf weiß nachweisen.“ Kaum Fortschritte habe es jedoch gegeben, wenn „freiwillige Selbstverpflichtungen das Mittel der Wahl“ gewesen seien.

Prof. Dr. Hans-Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), bestätigte dies und stützte sich dabei auf seine ganz persönliche positive Erfahrung mit Frauen in Führungs­positionen. „Als mein Vater nicht mehr aus dem Krieg zurückkam, hinterließ er meiner Mutter ein Unternehmen, welches sie außer­ordentlich erfolgreich weiterführte, ähnlich wie viele andere Krieger­witwen damals“, so Henkel. „Der Wiederaufbau wurde nicht nur durch Trümmerfrauen, sondern auch durch hervorragende Unternehmer­innen vollbracht.“ Später, als Chef von IBM Deutschland in den 1980er und 1990er Jahren, hatte er dann Vorgaben aus den USA für den Frauenanteil bei Neueinstellungen und neu zu ernennenden Führungs­kräften zu erfüllen. „Einmal im Jahr musste ich Nachfolgepläne für meine Vorstände einschließlich meiner eigenen Nachfolge vorlegen, immer auch mit besonderem Fokus auf Frauen.“ Und es funktionierte – allerdings gibt Henkel zu, „niemals hätte ich mich damals so engagiert, wenn ich es nicht gemusst hätte“.

„Wie konnte der Irrsinn so lange andauern“

Also eben der normative Aspekt. Dennoch waren alle Statement­sprecher und -sprecherinnen in der norwegischen Botschaft auch zu­versichtlich, dass die Frauenquote irgendwann überflüssig sein werde. Prof. Dr. Ulrike Detmers, Mitglied der Geschäftsführung und Gesell-schafterin der Mestemacher-Gruppe in Gütersloh, fasste es so zusammen: „Nach dem Abschluss der Gewöhnungsphase wird es selbstverständlich sein, dass Frauen Unternehmen und Personal führen und kontrollieren und Männer im Haushalt arbeiten und Kinder erziehen.“

Schmidt sieht es ähnlich und formulierte es mit Worten des Zukunfts­forschers Matthias Horx: „Die überarbeiteten Männerriegen in den Chefetagen werden in einigen Jahrzehnten zu den kuriosen Erin­nerungen gehören – wie das Rauchen im Flugzeug. Verwundert werden wir uns fragen, wie dieser Irrsinn so lange andauern konnte.“

Damit hatte die ehemalige Bundesfamilienministerin auf der Ver­an-staltung des erfolgsfaktor FRAU e.V. den Applaus fest gebucht. Um die Frauenquote so schnell wie möglich zu erreichen, riefen die An­we-senden zu einer All-Parteien-Koalition für Frauen auf. Es sei ja toll, so Dr. Martine Herpers, Initiatorin der Nürnberger Resolution für eine Quote von 40 Prozent Frauen und Männer in Aufsichtsräten, dass in­zwischen zahlreiche Ansätze für einen Gesetzesentwurf zu diesem Thema vorlägen, „aber bitte, warum können sich die Leute nicht ein­fach mal zusammentun, statt jeweils ihr eigenens Süppchen zu kochen“. Der Verein erfolgsfaktor FRAU, der aus der Initiative für die Nürnberger Resolution hervorgegangen ist, möchte deshalb zusammen mit den Sprechern und Sprecherinnen der starken Statements für starke Frauen einen runden Tisch aufbauen, an dem alle Befürworter einer Frauenquote in Aufsichtsräten gemeinsam einen Gesetzesentwurf erarbeiten.

Weitere Informationen, alle Statements sowie zahlreiche Links zum Thema erhalten Sie unter www.nuernberger-resolution.de sowie in Aus­zügen unter www.erfolgsfaktor-frau.de und über Facebook und Twitter.

Hintergrund

Der erfolgsfaktor FRAU e.V. (efF) – gesprochen eff-eff – wurde 2010 in Nürnberg ge­gründet. Der Zweck des bundesweit auftretenden Vereins ist es, die Gleichstellung und Akzeptanz von Frauen in Fach- und Führungspositionen zu verbessern und ent­sprechende Impulse in Gesellschaft und Wirtschaft zu setzen. Er ist aus dem Engagement für die Nürnberger Resolution entstanden, die im Oktober 2008 von Fach- und Führungskräften aus der Metropolregion Nürnberg initiiert wurde und schnell bundesweit breite Unterstützung fand, unter anderem von hochrangigen Politikern und von Prominenten. Die Resolution fordert zudem die Formulierung von Qualitätsstandards für Aufsichtsratsmitglieder und eine allgemeine Erhöhung des An­teils von Frauen in Führungspositionen in der Privatwirtschaft.

Kontakt:

Dr. Martine Herper                                                    Claudia Specht

1. Vorsitzende                                                             2. Vorsitzende/ Pressesprecherin

Telefon:  0163 704 7338                                           Telefon: 0175 240 28 52

erfolgsfaktor FRAU e.V.

Wittelsbacherstraße 48

90475 Nürnberg

Mail: info@erfolgsfaktor-frau.de Mail: cspecht@gmx.de

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